Sorgerecht: Befangenheit des Sachverständigen

In Kindschaftssachen, also Sorgerechtsverfahren oder Umgangsverfahren, hat man es mit psychologischen Sachverständigen bzw. Gutachten unterschiedlicher Qualität zu tun. Oft wird die Frage, ob ein Gutachter befangen ist, mit der Frage der Qualität des Gutachtens vermischt.

Hintergrund dabei ist natürlich, dass ein schlechtes Gutachten, das zulasten einer Partei ausgeht, oft das Gefühl hinterlässt, dass der Sachverständige seine Entscheidung schon getroffen hatte, bevor er sich an die Arbeit gemacht hat.

Schlechtes Gutachten oder Befangenheit?

Während die mangelhafte Bearbeitung des Gutachtenauftrages von dem jeweiligen Anwalt in der Stellungnahme zum Gutachten und in der Befragung des Gutachters anzubringen ist, ist die Befangenheit eines Gutachters unverzüglich gegenüber dem Gericht geltend zu machen und vom Gericht durch einen Beschluss zu bestätigen oder abzuweisen.

Wie ausgeführt genügt die schlechte Bearbeitung eines Gutachtens nicht aus. Die Hürden für eine erfolgreichene Geltendmachung einer Befangenheit, die zur Ablösung des Gutachters oder zur ganzen oder teilweisen Nichtbeachtung des Gutachtens führt, sind hoch.

Ein Sachverständiger kann gemäß § 30 Abs. 1 FamFG i. V .m. § 406 ZPO aus denselben Gründen wegen Befangenheit abgelehnt werden, die auch zur Ablehnung eines Richters berechtigen, insbesondere also dann, „wenn Tatsachen oder Umstände vorliegen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber“ (BGH, Beschluß vom 15. 3. 2005 – VI ZB 74/04).

Wie drückt sich eine Befangenheit aus?

Der einfache Fall, dass ein Sachverständiger ein Elternteil beleidigt, oder ausdrücklich erklärt, dass er ihm sowieso grundsätzlich nichts glauben würde, kommt in der Praxis praktisch nicht vor.

Was in der Praxis durchaus vorkommt, ist eine Überschreitung des Gutachtenauftrages. Dies bedeutet dass der Gutachter mehr macht als er aufgrund des Auftrages des Gerichts überhaupt machen soll. Dies kann schon der Fall sein, wenn der Gutachter die Eltern immer wieder zu einer gütlichen gemeinsamen Lösung drängt, obwohl das Gericht kein lösungsorientiertes Gutachten in Auftrag gegeben hat.

Ebenfalls stellt sich immer wieder die Frage, ob Bewertungen des Sachverständigen bezüglich der Person oder des Verhaltens eines Elternteils so unsachlich sind, dass es eine Befangenheit rechtfertigt. So kann ein Gutachter befangen sein, wenn er die Auffassung vertritt, dass ein Elternteil in Zukunft keine Verfahrenskostenhilfe mehr bekommen solle für seine Anträge. Ebenso kann dies der Fall sein, wenn einem Elternteil einseitig die Schuld für das Scheitern einvernehmlicher Regelungen zugeschoben wird.

Was tun bei Befangenheit?

Sobald ein Gutachten in einem Familienverfahren eingeholt wird, sollte man das Verfahren nicht mehr ohne Anwalt betreiben. Wenn im Rahmen der Begutachtung oder bei Lektüre des schriftlichen Gutachtens Punkte auffallen, die für eine Befangenheit sprechen könnten, sollte man dies unverzüglich mit seinem Anwalt klären, da Anträge wegen der Besorgnis der Befangenheit umgehend zu stellen sind. Wenn einem ein Argument für die Befangenheit bereits beim ersten Gespräch mit dem Gutachter auffällt, wäre der Befangenheitsantrag im Regelfall verspätet, wenn man dann erst auf das schriftliche Gutachten wartet.

Wie kann ich einer Befangenheit vorbeugen?

Oft kann man eine Befangenheit nicht nachweisen, obwohl man das Gefühl nicht los wird, dass ein Gutachter befangen ist. Deswegen lohnt es sich immer, vor Beginn des Begutachtungsprozesses mit seinem Anwalt zu diskutieren und durchzuspielen, in welche Situationen man geraten kann.

Oft führt unglückliches Verhalten eines Elternteils dazu, dass ein Sachverständiger ihm gegenüber Vorbehalte hat, auch wenn dies dann fachlich ausgedrückt wird. Man sollte daher im Vorfeld herausarbeiten, wo Schwachstellen im eigenen Verhalten und in der eigenen Argumentation liegen, die negativ ausgelegt werden könnten.

Ebenso kann man im laufenden Begutachtungsprozess mit seinem Anwalt Rücksprache halten, wenn man das Gefühl hat, Gespräche mit dem Sachverständigen seien nicht gut gelaufen. dann kann man sich besser auf den nächsten Termin vorbereiten.

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Hilfe bei häuslicher Gewalt in der Corona-Lage

Aufgrund der derzeitigen Beschränkungen für persönlichen Kontakt und der generell geltenden Aufforderung, zu Hause zu bleiben (Dies gilt erst recht bei angeordneten Ausgangssperren.) rechnet das Familienministerium damit, dass es zu vermehrten Vorfällen von häuslicher Gewalt kommen kann. Vor dem Hintergrund, dass viele Familien auf engem Raum mit ihren Kindern, die nicht beschult werden, sozusagen zwangsweise viel mehr Zeit miteinander in der Wohnung verbringen müssen als bisher, liegt dieser Gedanke recht nahe. Dasselbe Problem gilt für Eheleute und nicht verheiratete Paare, die plötzlich Homeoffice machen und sich schlimmstenfalls 24 Stunden am Tag nicht aus dem Weg gehen können.

Auch wenn man aktuell in der Praxis noch keinen Anstieg der Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt feststellen kann, so ist es für die Betroffenen doch wichtig, zu wissen, dass die aktuelle Zeit keinen rechtsfreien Raum darstellt. Auch wenn Gerichte aktuell die meisten Gerichtstermine absagen, was auch für die Familiengerichte zutrifft, so kann doch davon ausgegangen werden, dass in Verfahren von häuslicher Gewalt nach wie vor zügig gearbeitet wird. Dies liegt insbesondere auch daran, dass bei Eilanträgen wegen häuslicher Gewalt zumeist zügig im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Anhörungen beim Gericht finden nur in unklaren Fällen oder nach der Entscheidung auf Antrag eines Betroffenen statt.

Das sogenannte Gewaltschutzgesetz, aber auch bei Eheleuten der § 1361b BGB, bilden die Grundlage dafür, dass bei Gewaltvorfällen in der gemeinsamen Wohnung der „Täter“ oder die „Täterin“ der Wohnung verwiesen werden können.

Insbesondere der § 1361a BGB stellt klar, dass bei Ehegatten bereits eine unbillige Härte genügt, um einen Ehegatten der Wohnung zu verweisen. Eine unbillige Härte kann auch schon bei sehr schweren Beleidigungen vorliegen. Zum Schutz von minderjährigen Kindern in der Wohnung kann eine unbillige Härte auch dann vorliegen, wenn das Wohl dieser Kinder beeinträchtigt ist.

Das Gewaltschutzgesetz greift dagegen aber auch bei nicht ehelichen Paaren und sogar zwischen Eltern und volljährigen Kindern oder auch schlichten Mitbewohnern einer Wohnung.

Wichtig: Es muss nicht darauf gewartet werden, dass es zur Gewalt kommt. Androhungen von Gewaltanwendung genügen bereits.

Gernot Wolter
(Fachanwalt für Familienrecht)

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Elternunterhalt – Warum muss ich für das Pflegeheim zahlen?

Wenn Eltern ins Pflegeheim kommen, muss in der Masse der Fälle aufgrund der mangelhaften Absicherung durch die Pflegekassen nicht nur das Elternteil seine Rente voll hineinstecken, sondern auch der Staat Hilfe leisten, die er sich dann wiederholen möchte.

Wer als Kind das erste Mal damit konfrontiert wird, beschäftigt sich zunächst mit der Frage, wie viel man selbst überhaupt zahlen kann. Dabei betrachtet man den Selbstbehalt der für einen selbst gilt (1.800 € monatlich bereinigtes Nettoeinkommen zzgl. 50% des darüber hinausgehenden Einkommens) oder auch den Familienselbstbehalt (3.240 € zzgl. 50 % für das Ehepaar 1.800 € + 1.440 € für den Ehepartner des betroffenen Kindes – alle Zahlen Stand 2018). Wenn man dann schon sieht, dass kaum mehr Geld als das da ist und das Kind selbst über kein hohes Vermögen verfügt (wichtig: das Vermögen des Ehegatten ist nicht einzusetzen), muss man sich auch zumeist keine Sorgen machen.

In allen anderen Fällen sollte man sich aber zunächst die Frage stellen, warum man überhaupt zahlen muss.

Damit ist nicht die moralische Frage gemeint, sondern dahinter verstecken sich die Fragen: Warum musste der Staat einspringen und was ist mit den anderen Kindern oder dem Ehepartner?

Im Unterhaltsrecht ist grundsätzlich zu klären, was ein Mensch zum Leben benötigt (Bedarf), was er davon nicht selbst abdecken kann (Bedürftigkeit) und was der Unterhaltszahler überhaupt zahlen kann (Leistungsfähigkeit) und was er davon einsetzen muss.

Eltern im Pflegeheim haben grundsätzlich die Heimkosten als Bedarf. Diese müssen natürlich angemessen sein. Luxus ist nicht zu bezahlen, kommt aber auch nicht oft vor.

Zur Bezahlung der Heimkosten sind die eigenen Einkünfte (Rente, Pension, Betriebsrenten, sonstige Einkünfte) einzusetzen. Reicht dies nicht, ist das Vermögen aufzubrauchen. Bleibt dann noch eine Lücke, springt der Staat ein. Diese prüft, ob er das eingesetzte Geld wiederholen kann. Dabei kann er sich aber nicht aussuchen, an wen er sich wendet. Zuerst muss man sich an den Ehegatten des Elternteils wenden. Wenn dieser – was oft der Fall ist – selbst nicht leistungsfähig ist, kann man sich an die Kinder wenden. Wenn mehrere Kinder vorhanden sind, muss die Behörde sich an alle Kinder gleichzeitig wenden. Oft herrscht die Vorstellung, dass die Kinder zu gleichen Teilen zahlen müssten, wenn sie überhaupt leistungsfähig sind. Auch das stimmt aber nicht. Jedes Kind haftet zwar maximal in der Höhe seiner Leistungsfähigkeit, aber die Verteilung auf die Kinder erfolgt im Verhältnis der einzusetzenden Einkünfte zueinander. Dies kann dazu führen, dass zwei Kinder zwar jeder für sich genug Geld hätten, um die vollen Kosten tragen zu können, tatsächlich aber ein Kind z.B. 80% der Kosten zahlen muss, weil es deutlich mehr verdient als das Geschwisterkind.

Es ist daher sehr wichtig, sich von der fordernden Behörde alle Zahlen und Unterlagen des im Pflegeheim befindlichen Elternteils, aber auch des anderen Elternteils und der anderen Geschwister zeigen zu lassen. Nur dann kann man die Berechnung überhaupt nachvollziehen. In der Praxis verweigern dies die Behörden oft aus Datenschutzgründen, was aber nichts daran ändert, dass man ohne die Daten nicht rechnen kann. Diese Situation, in der die Behörde auch nicht Klage einreichen möchte, kann oft genutzt werden, um zu einer günstigen Vereinbarung zu kommen.

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Wann hafte ich für Verträge meines Ehegatten? Die Reste der „Schlüsselgewalt“

In der anwaltlichen Beratung anlässlich von Trennungen zwischen Eheleuten taucht regelmäßig die Frage auf, ob man für Schulden und Verpflichtungen des Ehepartners haftet.

Eine direkte Mithaftung kommt nur in Betracht, wenn beide Ehegatten die entsprechenden Verträge, z.B. Darlehen, unterschrieben haben. Zwar leben die allermeisten Eheleute in einer sogenannten Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet aber nicht, dass man für den anderen haftet, sondern nur, dass bei der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Scheidung die Zuwächse des Vermögens zwischen den Ehegatten ausgeglichen werden – also nicht, dass Schulden mit übernommen werden.

Es gibt allerdings eine Sonderreglung, die in der Praxis selten eine Rolle spielt, die man aber trotzdem kennen sollte. Früher – nach altem Familienrecht bis 1976 – gab es die sogenannte „Schlüsselgewalt“, mit der ausdrücklich der Hausfrau zugebilligt, die für die Haushaltsführung notwendigen Geschäfte auch mit Wirkung gegen den Ehemann vorzunehmen.

Der seit 1977 geltende §1357 BGB regelt, dass die Ehegatten mit Wirkung für den anderen Geschäfte vornehmen darf und kann, die der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie dienen.

Nun mögen die Eheleute selbst noch wissen, wie ihre familiären Verhältnisse sind und was daher angemessen ist. Für Außenstehende, mit denen die Verträge gemacht werden, ist dies nicht so einfach. Hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es darauf ankommt, wie die Eheleute nach außen auftreten. Wer großzügiger auftritt, als er sich eigentlich leisten kann, muss damit rechnen, dass auch teure Geschäfte beide Ehegatten verpflichten können, auch wenn nur einer als Vertragspartner auftritt.

Die Rechtsprechung ist daher sehr individuell und bunt. Vereinbarungen über Nebenkostenabrechnungen in einem Mietverhältnis entfalteten in einem Fall keine Wirkung für den anderen Ehegatten. In einem aktuell entschiedenen Fall durfte aber ein Ehegatte die Vollkaskoversicherung des anderen Ehegatten kündigen (BGH XII ZR 94/17, 28.2.2018).

Während vertreten wird, dass auch mal die Anschaffung eines PKW durch den §1357 BGB gedeckt ist, hat der Bundesgerichtshof immerhin schon entschieden, dass der Abschluss eines Bauvertrages über ein Wohnhaus (!) nicht darunter fällt.

Es bleibt zu hoffen, dass die Regelung weiterhin ein Nischendasein fristet. Wichtig bleibt aber: es müssen immer Geschäfte für den Lebensbedarf der Familie sein – also nicht teure Hobbys eines Ehegatten – und diese Geschäfte müssen angemessen sein – also den finanziellen Verhältnissen der Ehegatten entsprechen. Wenn ein Ehegatte ein teures Auto für sich kauft oder Darlehen für eigene Zwecke aufnimmt, wird auch weiterhin der andere Ehegatte dafür nicht haften müssen.

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Versorgungsausgleich – worauf muss ich achten?

Wenn man sich scheiden lässt, gehört der Versorgungsausgleich zum Pflichtprogramm mit wenigen Ausnahmen (z.B. kurze Ehezeit). Das Gericht klärt automatisch, wieviel Anwartschaften auf Altersvorsorge jeder Ehegatte in der Ehezeit angesammelt hat. Die Ehezeit weicht dabei von der sonstigen Definition der Ehezeit (Tag der Heirat bis Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens) ab, um die Berechnung für die Versicherer zu erleichtern. Man nimmt volle Monate, also vom Ersten des Monats, in den die Heirat fällt, bis zum Letzten des Monats vor Rechtshängigkeit der Scheidung vorangeht.

Die Ehegatten werden beide vom Gericht augefordert, in einem Fragebogen Angaben zu ihren Versicherungen zu Continue Reading